Vortrag SS 2010, 01.07.
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Die arabische Kultur des „Goldenen Zeitalters“Teil I |
Islamische PhilosophieVor der Entfaltung der lateinischen Scholastik besteht eine arabische und innerhalb derselben auch jüdische akademische Hochkultur, durch welche auch zahlreiche griechische Texte vermittelt, interpretiert und fortgeschrieben werden. Auch in der Medizin, den Naturwissenschaften, der Mathematik, der Jurisprudenz, der Logik usw. holt die westlich-lateinische erst im 12. und 13. Jahrhundert gegenüber der arabischen Kultur auf. |
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Periode |
Philosoph |
Philosophie |
Allgemeine Geschichte |
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800–870 |
Alkindus (Al-Kindi) |
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864–925 |
Rhazes (Al-Razi) |
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870–950 |
Alpharabius (Al-Farabi) |
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980–1037 |
Avicenna (Ibn Sina) |
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1058–1111 |
Algazel (Al-Ghazali) |
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1126–1198 |
Averroës (Ibn Ruschd) |
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1332–1406 |
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Spätestens
seit „Der Medicus“ Ende der 80er Jahre die
Bestsellerlisten anführte, ist einer breiten Öffentlichkeit
in Europa ins Bewusstsein gelangt, was bis dahin nur interessierte
Mediziner und Medizinhistoriker wussten: Die Medizin des
arabisch-islamischen Mittelalters war der im Abendland geübten
zeitgenössischen Heilkunst um Jahrhunderte voraus. Aufbauend auf
dem umfangreichen medizinischen Wissen der Inder, Perser, Griechen,
des alten Orients und früharabischer Heilkunde der Wüste
überlieferten und entwickelten die alten Araber in der
kulturellen und wissenschaftlichen Blütezeit der islamischen
Hochkultur zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert fundierte medizinische
Kenntnisse, die seinerzeit beispiellos blieben. Abendländische
Mönche, die Übersetzerschulen in Toledo (Spanien) und die
Medizinschule in Salerno (Sizilien) machten die arabische Medizin im
Abendland bekannt, bis sie als eine wichtige Grundlage der
modernen europäischen Medizin im heutigen Sinne europaweit
Bedeutung erlangte.
Neben einer bereits ausgeklügelten
Anamnese-Erhebung und einem enormen Heilpflanzenwissen kannten die
arabischen Ärzte bereits das Prinzip der „Visite“ im
heutigen Sinne und moderne Krankenhäuser mit verschiedenen nach
Fachrichtungen geteilten Stationen. Der Einsatz einer Vielzahl von
Pflanzen zur Heilung von Kranken spielte eine zentrale Rolle. Kaffee
als Herzmittel, in Pulverform gegen Mandelentzündung, Ruhr und
schwerheilende Wunden, Kampfer zur Herzbelebung oder auch
Sennesblätter, Tamarinden, Cassia, Aloe oder Rhabarber als milde
eröffnende (abführende) Mittel sind nur einige Beispele,
die verabreicht wurden. Bei Operationen wurde mit einem
Schwamm, der mit einer Mixtur aus Haschisch, Bilsenkraut und
Mandragona getränkt war, eine frühe Form der
Allgemein-Narkose herbeigeführt, die dann später bis in die
europäische Neuzeit hinein über Jahrhunderte vollständig
in Vergessenheit geriet.
im Mittelpunkt der therapeutischen
Ansätze stand immer die Einheit von Körper und Geist. So
ist es überliefert, dass Musik als therapeutisches Mittel zur
besseren Genesung der Patienten eingesetzt wurde. In jedem
Krankenhaus des 10. Jahrhunderts zwischen Himalya und den Pyrenäen
–das arabische Reich hatte seine größte Ausdehnung
erreicht - war die ärztliche Visite in den verschiedenen
Abteilungen eines Krankenhauses zentraler Ausgangspunkt für jede
Diagnose, und der Patient wurde, fast im Sinne moderner
ganzheitlicher Methoden, nicht nur nach seinem körperlichen,
sondern immer auch nach seinem geistigen Wohlbefinden befragt. Darauf
basierend wurde dann die individuelle Behandlung und Diät vom
Visite führenden Arzt festgelegt. Der berühmteste unter
ihnen, der Arztphilosoph Ibn Sina, ist unter dem Namen Avicenna weit
über seine Heimat Persien hinaus auch im Abendland bekannt
geworden.
Heute versuchen Pharmakologen und Medizinhistoriker, dem
verschollenen Wissen auf die Spur zu kommen. Fernsehsendungen wie die
jüngst ausgestrahlte Folge von „ZDF-Expedition: Im Bann
der grünen Götter. Die Ärzte der Kalifen“,
beschäftigen sich mit diesem Thema. So sagte Avicenna über
den Weihrauch im „Kanon der Medizin“, er hälfe und
stärke den Geist - was nun durch iranische Pharmakologen im
Tierversuch eindrucksvoll experimentell nachgewiesen wurde. Die
„Arbeitsgruppe Klostermedizin“ der Universität
Bayreuth versucht diesem verschollenen Wissen nun auch mit Hilfe der
alten Schriften Avicennas auf die Spur zu kommen.
„Rhases“
(Abu Bakr Muhammad bin Zakariya al Razi)
Vor
ca. 600 Jahren besaß die medizinische Fakultät der Pariser
Universität die kleinste Bibliothek der Welt. Sie bestand aus
genau einem Werk: ein medizinisches Übersichtswerk eines der
berühmtesten Ärzte der arabischen Medizin, dem auf dem
medizinischen Campus in Paris noch heute ein Denkmal gewidmet ist.
Der im Abendland als Rhases bekannt gewordene Arzt lebte und
wirkte in Chorasan von 865- 925 n. Chr.. Rhases studierte in Bagdad
Medizin und wurde früh mit der griechischen und indischen
Heilkunst vertraut, aber auch als Musiker und Chemiker machte er sich
einen Namen. Er soll 237 naturphilosophische und medizinische
Traktate und Schriften verfasst haben; neben Abhandlungen zur
Physiologie, Pathologie, Therapie und Kasuistik aus eigener Praxis
sind umfangreiche Werke zur Anatomie, Chirurgie und Toxikologie (auch
über die Wirkung von Heilpflanzen) überliefert. Rhases
beschrieb als erster die Pocken und die Masern und vermutete
erstmalig, dass die Ursache für Infektionskrankheiten im Blut
liegen könne. Viele seiner Werke wurden im Mittelalter von
Mönchen ins Lateinische übersetzt. Das herausragende Erbe
des Rhases ist die erstmals klar erkennbare Anwendung des Prinzips
des wissenschaftlichen Augenscheins auch über das herrschende
Dogma hinweg und die empirische Bewertung von Krankheiten und
Symptomen. Rhases kann daher ohne Übertreibung als ein Pionier
wissenschaftlicher Forschung angesehen werden.
Abulcasis
(um 1000)
Abulcasis
betonte die Bedeutung der Anatomie für eine kompetente
Chirurgie: “....Wer sie (die Chirurgie) ausüben will, muss
sich daher zunächst mit der Anatomie vertraut machen [...] muss
sich Kenntnis der Knochen, Nerven, Muskeln [....] verschaffen
(Chirurgie, ed. Chaning, 1778, Vol. I., S.2-4). Der einst im
maurischen Spanien wirkende Abul Qasim-Halaf ibn al Abbas az Zahrawi
(im Abendland „Abulcasis“ genannt) schrieb als Hofarzt
der Kalifen von Cordoba sein Hauptwerk At Tasrif (Die Verordnung).
Für chirurgische Operationen beschreibt es unter Anderem den
Gebrauch von Schwämmen zur Narkose, die mit Opium und Mandroga
getränkt wurden. Im Medizinmuseum von Damaskus kann man sich
heute staunend die Vielzahl chirurgischer Instrumente anschauen, die
im 12. Jahrhundert dort eingesetzt wurden und den heutigen im Einsatz
befindlichen schon sehr nahe kamen. Das Wissen des Abulcasis fand
über Gerhard von Cremona in der Übersetzerschule von Toledo
Eingang in die europäische Chirurgie.
Ibn
al Baitar („Sohn des Tierarztes“, 1197-1248)
Der
im arabischen Malaga des 12.-13. Jahrhunderts lebende Arzt und
Botaniker schrieb ein Buch über Arzneimittelheilkunde, das über
1400 pflanzliche Wirkstoffe aufführte. Er beschränkte sich
nicht darauf, die umfangreiche zeitgenössische Literatur zu
sichten, sondern bereiste jahrelang das maurische Spanien, Nordafrika
und Kleinasien,
um sich durch eigenen Augenschein vom Niedergeschriebenen zu
überzeugen. Damit fasste er das gesamte pharmakologische Wissen
über Heilpflanzen seiner Zeit zusammen. Dieses Wissen ging über
die Klöster und Übersetzerschulen auch ins Abendland
ein.
Ibn
an Nafis
Ibn
an Nafis entdeckte den Blutkreislauf 400 Jahre vor dem „offiziellen
Entdecker“ Harvey. Dies wurde auf spektakuläre Weise im
Jahre 1924 von einer medizingeschichtlichen Dissertation an der
Universität Freiburg im Breisgau nachgewiesen. Ibn an Nafis
erkannte, dass das Blut über die Lunge von der rechten
Herzkammer in die linke fließt.
Weitere berühmte
Persönlichkeiten der arabischen Medizin waren Avenzoar, der als
Erstbeschreiber der Krätzmilbe gilt und somit als früher
Parasitologe bekannt wurde, der Aristoteles-Kommentator Averroes und
sein Schüler Maimonides, die im maurischen Spanien wirkten und
bedeutende Werke zur Ernährung,
Hygiene und Toxikologie verfassten.
Avicenna
war und ist sicher der bekannteste Vertreter aus der Schule der
arabischen Medizin des Mittelalters im Abendland. Sein bekanntestes
Werk, der „Kanon der Medizin“ wurde bereits 1279 ins
Hebräische und später ins Lateinische übersetzt. Noch
um 1650 herum galt es in manchen europäischen medizinischen
Fakultäten als Standardwerk. In Persien lebt das Wissen des
Avicenna in der Volksmedizin bis heute fort. Er war nicht nur
Mediziner, sondern auch Philosoph und Universalgelehrter. Er sammelte
im „Kanon der Medizin“ das Heilpflanzenwissen seiner Zeit
und wendete es geschickt zur Heilung von Krankheiten an. So schrieb
er über den Weihrauch: „Er nützt dem Verstand und
stärkt ihn“. Im „Kanon der Medizin“ wird für
eine vergleichbare Wirkung die Einnahme mit zermahlenem Honig
empfohlen. Erkenntnisse, die aus Forschungen der modernen Medizin
bestätigt werden: im Verhaltensversuch mit Laborratten konnte
vor Kurzem eine positive pharmakologische Wirkung auf die
Gedächtnisleistung sowohl für Weihrauch als auch für
Honig nachgewiesen werden.
Zum Weihrauch werden neun Anwendungen
beschrieben.
Avicenna über die Herkunft des Weihrauchs,
seine Konsistenz und Anwendungen (Aus: Kanon der Medizin, Band 1,
S.555, Übersetzung: Dr. med. H. Bustami, Facharzt für
Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren):
Herkunft:
„Aus
dem Lande, das die Griechen Kundur nannten (Indien?, d. Red.) Al
Merbaat genannt, brachten die Seekaufleute, die von fremden Winden an
die Küsten dieses Landes verschlagen wurden, große Mengen
des Weihrauchs mit.
Beschreibung:
Diese
Substanz hat eine rundliche Form und gelblich oder
-auberginenfarbenes Aussehen. Die Farbe wird mit der Zeit zunehmend
weißlich gelb. Bei der Ernte der Substanz (von dem Baum) muss
die Oberfläche trocken sein. Die beste Sorte ist die von weißer
Farbe [.....]
Anwendung:
Einnahme:
Mit
etwas Honig gelöst zur Stärkung des Verstandes [.....]
Für
äußere Anwendung gegen eitrige Wunden, Insektenstiche mit
Essig oder Öl verrühren und aufgetragen auf die betroffenen
Hautstellen [....] verhindert der Weihrauch die Ausbreitung von dem
Schlechten (hier ist die Ausbreitung der Infektion gemeint, d. Red.)
auf andere Körperteile.
Avicenna (Ibn Sina, 980-1037), Autor des berühmten 5-bändigen „Kanons der Medizin“, das bis weit ins 17.Jahrhundert hinein an allen großen abendländischen Universitäten und Lehrstätten für Medizin als Grundlagenwerk der Ärzteausbildung angesehen wurde. Neben umfangreichen Krankheits-beschreibungen – unter Bezugnahme auf antike und zeitgenössische Gelehrte, aber auch auf vielen eigenen empirischen Beobachtungen basierend – beinhaltet der „Kanon der Medizin“ auch eine Rezeptsammlung mit rund 800 Anwendungen von Heilpflanzen - oder Kombinationen dieser – zur Behandlung von Krankheiten. (Abbildung mit freundlicher Erlaubnis entnommen aus der Online-Bildergalerie der „Clendening History of Medicine Library, University of Kansas Medical Center, USA)
(Autor: Dr. rer. nat. Hussam Peter Bustami, Übersetzung: Herr Dr. med. Hatem Bustami, Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren)
Literatur/Quellen:
-
Dietrich v. Engelhardt, Fritz Hartmann: „Klassiker der Medizin
Band I: Von Hippokrates bis Hufeland“. Verlag C. H. Beck, 443
S., München 1991.
- Sigrid Hunke: „Allahs Sonne über
dem Abendland: Unser arabisches Erbe“. Fischer Verlag, 376 S.
Lizenzausgabe 1995 Frankfurt
a. M.. Originalausgabe in: „Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart“,
Stuttgart 1960
- „Kanon der Medizin“, Neuauflage, 4
Bände, Verlag Izz al Din, Beirut, Libanon1987.
-
ZDF-Expedition: „Im Bann der grünen Götter –
die Ärzte der Kalifen“, ZDF 2004
War in der altarabischen Epoche Medina die musikalische Hauptstadt der arabischen Welt, so wurde ihr dieser Rang jetzt von einer anderen Metropole abgenommen: Bagdad. Hier wurden neue Musikformen geschaffen und man versuchte zunehmend sich von den alten Traditionen zu lösen, um Neues zu schaffen. Einen großen Teil trug auch der persische Einfluss dazu bei, da auch die Perser über eine blühende Musikkultur verfügten.
Später zerstritten sich Anhänger und Gegner der musikalischen Reform und Ziryab, einer der wichtigsten Erneuerer, verließ Bagdad nach einem Streit mit seinem Meister al-Mausili, der sein Aufstreben nicht dulden wollte. Ziryab ging nach Córdoba in Spanien und brachte so die arabische Musizierkunst dorthin. Hier gründete er seine eigene Musikschule, in der die traditionelle altarabische Musik weiterentwickelt wurde und so einen Grundstein der andalusischen Musik (andalusi) legte.
In dieser Zeit entstanden überwiegend in Bagdad die großen Abhandlungen über Tonsysteme und Musik, (aus dem andalusischen Teil ist nur wenig überliefert). Hier finden sich die frühesten Überlieferungen musikalischer Natur, zwar keine konkreten Kompositionen oder Melodien, wohl aber Tonleitern, rhythmische Formeln sowie Griffbilder für die Ud. In den später entstandenen Werken, wie z.. B. dem Kitab al-adwar, dem „Buch der Modi“ von Safi ad-Din al-Urmawi finden sich skelettnotationsartige Skizzierungen einzelner Melodien.
Übersetzerschule von Toledo ist ein im frühen 19. Jahrhundert von Armand Jourdain geprägter, in der Forschung heute mit kritischen Vorbehalten verwendeter Begriff, unter dem verschiedene Aktivitäten der Übersetzung aus dem Arabischen zusammengefasst werden, die seit dem 12. Jahrhundert in Toledo nachweisbar sind. Es handelte sich dabei nicht um eine Schule im Sinne einer Institution, sondern um verschiedenartige Aktivitäten der Übersetzung, die durch den Kontakt zwischen arabischkundigen Mozarabern und Juden mit Romanen bzw. lateinischen Autoren ermöglicht und zum Teil durch bischöfliche oder königliche Initiative gefördert wurden.
Die erste etwa von 1130 bis 1187 andauernde Phase der Übersetzungen war durch Erzbischof Raimund von Toledo geprägt. Übersetzt wurden wissenschaftliche und philosophische Schriften (Platon, Aristoteles) antiker Provenienz, die unter der Abbassiden-Herrschaft in Madīnat as-Salām aus dem Griechischen ins Arabische übertragen worden waren, aber auch genuin arabische Schriften, etwa aus dem Bereich der Astronomie und Mathematik, sowie Schriften zur Kenntnis islamischer Religion und Theologie. 1142 kam der Abt von Cluny, Petrus Venerabilis, nach Spanien und gab eine Übersetzung des Korans in Auftrag, die 1143 durch Robert von Ketton, Hermann von Carinthia, Petrus Alfonsi und dem Sarazenen Mohammed fertiggestellt und vom Sekretär des Abtes, Peter von Poitiers, sprachlich überarbeitet wurde.
Im 13. Jahrhundert gingen neue Übersetzungsinitiativen von Alfons X. und seinem Hof aus, wobei nun nicht mehr die Übersetzung ins Lateinische, sondern die ins Kastilische im Vordergrund stand und hierbei speziell der Dialekt des toledaner Hofes eine sprachlich normierende Rolle spielte. Thematisch bildeten Astronomie, Physik, Alchemie und Mathematik den Schwerpunkt, aber auch Spiele und orientalische Literatur sowie Werke zur Kenntnis der islamischen Religion wurden übersetzt. Unter Alfons X. blieben solche Aktivitäten nicht auf Toledo beschränkt, sondern dehnten sich, zum Teil abhängig vom Aufenthalt des Hofes, auch nach Sevilla aus.
Da Schriften mit einer Vielzahl von im Westen bis dahin noch nicht oder wenig bekannter wissenschaftlicher Themen zu übersetzen waren, standen die Übersetzer vor der Aufgabe, geeignete Übersetzungen für arabische Wörter zu finden, für die in der Zielsprache noch kein Äquivalent existierte. Sie lösten diese Aufgabe vielfach durch Entlehnungen aus dem Arabischen und trugen so wesentlich dazu bei, dass bis heute ein wesentlicher Teil des wissenschaftlichen und technischen Wortschatzes in den europäischen Sprachen arabischen Ursprungs oder arabisch aus anderen orientalischen Sprachen vermittelt ist.
Resümierend lässt sich festhalten, dass die „Übersetzerschule von Toledo“ somit in institutionalisierter Form wohl weder als Lehranstalt noch als Übersetzungsanstalt mit fester Infrastruktur bestand. Doch auch wenn der institutionelle Rahmen für die Übersetzungstätigkeiten, die als solche sicher belegt sind, in Toledo ungewiss ist, so bestehen Hinweise auf eine Lehrtätigkeit der Übersetzer und eine prinzipielle Duldung und Unterstützung dieser Aktivitäten durch die Erzbischöfe. Von einer gewissen Institutionalisierung der Übersetzungstätigkeit kann höchstens in der Epoche unter Alfons X. gesprochen werden, da der Regent unmittelbar als Auftraggeber und Korrektor in Erscheinung trat.
Übersetzungen der Werke von:
Algazel – Averroes – Rhazes - Solomon ibn Gabirol (Avicebrón) - Ibn Sina (Avicenna) - Alfonsinische Tafeln - Das Schachbuch Alfons des Weisen
Freilich gelang den Almohaden, die als energische, aber ungebildete und brutale Kämpfer die Bühne der Geschichte betraten, die Schaffung einer bedeutenden Zivilisation. Von ihren Bauleistungen wurde schon gesprochen. Bereits Abd al-Mu'min, nicht erst seine „hispanisierten" Nachfolger, erbaute die beiden Kutubiyya-Moscheen von Marrakesch (die erste wurde unmittelbar nach ihrer Fertigstellung wegen fehlerhafter Bestimmung der Gebetsrichtung abgerissen). Die almohadischen Paläste sind alle - ausgenommen einige ihrer Umwallungen, wie diejenige des Alcázars von Sevilla - verschwunden, ebenso das große, von al-Mansur erbaute Hospital von Marrakesch. Ohne Zweifel wurde in almohadischer Zeit der Höhepunkt der hispano-arabischen Baukunst erreicht.
Wir sprachen schon von den Philosophen. Hier müssen wir noch Ibn Bagga ("Avempace") in Sevilla erwähnen, der aber nicht nur als Philosoph, sondern auch als bedeutender Musiktheoretiker in die Kulturgeschichte eingegangen ist (im islamischen Bereich ist die Musik vor allem eine Naturwissenschaft). In seiner Zeit und mit durch ihn entstand die ,,andalusische" Musik (ma'luf), die heute noch die klassische Musik Nordafrikas darstellt. Mit Recht berühmt ist al-Andalus für seine Pharmakologen und Botaniker; genannt seien al-Gafiqi und dessen Schüler Ibn al-Baytar (gest. 1248) aus Malaga, die auf der durch die Übersetzung der „Materia medica" des Dioskorides geschaffenen Grundlage weiterbauten. Wirtschaftlich erlebte das Almohadenreich zu seinen Blütezeiten einen gewaltigen Aufschwung. Werften waren in Alicante und maghrebinischen Häfen in Betrieb. In Almeria allein standen achthundert Seidenwebstühle; das Papier aus Játiva (satibi), Ceuta (sabti) und Fes war hochberühmt.
Entsprechend florierte der Handel. Städte wie Ceuta und vor allem Tunis handelten mit Pisa, Genua, Venedig und Marseille; letztere Stadt ließ in Montpellier Münzen prägen, die in Bigaya, Oran und Tlemcen abgesetzt wurden. Eine mächtige Flotte schützte diesen Warenverkehr und die Küsten des Reiches, eine gewaltige Armee (mit christlichen und auch bereits türkischen Kontingenten) das Land.
siehe auch Wikipedia
Emirat und Kalifat von Córdoba
© Reinhart Gruhn, Kempten dr.gruhn@g21.de